VNV Nation im Radhaus Kleve
VNV Nation luden am vergangenen Donnerstag, dem 25.02.2016, zu einem exklusiven Club-Konzert Automatic Empire im Radhaus Kleve. Auch ich hatte eines der gerade einmal 400 Tickets…
Weder ist das abgelegene Kleve im äußersten Nordwesten NRWs eine übliche Konzert-Location in NRW noch spielen VNV Nation so kleine Konzerte, eigentlich. VNV Nation spielen heutzutage eher vor tausenden Leuten und sind auf Festivals Headliner. Umso verwunderlicher war die Ankündigung eines Konzerts mit so wenigen Tickets, und an einem so abgelegenen Ort, gewesen. Als am 18.12.2015 um 10 Uhr der Vorverkauf begann, sicherte ich mir gleich ein Ticket. Die ~350 Online-Tickets waren innerhalb von Stunden ausverkauft, der Rest dann zügig ebenso.
Eine Anreise ins Nirgendwo
Die Autobahn 57, die auch nach Kleve führt, ist eigentlich meine meist befahrene Autobahn. Weiter nördlich als Moers war ich dabei aber nie, denn dort ist ja nichts. Nachdem ich einen riesigen Stau bei Krefeld umfuhr und an einer Ampel 6 Minuten warten musste, da die U70 immer wieder die Ampelphasen sprengte (ein schöner, weiterer Stau), erkannte ich hinter Moers die doch so stauträchtige Autobahn nicht wieder: Auf der rechten Spur fast 200 km/h? In Köln gibt es zwar auch kein Tempolimit, aber durch den dichten Verkehr erreicht man dort meist nicht einmal Richtgeschwindigkeit. Mit dem Tempo konnte ich immerhin ein wenig Zeit wieder reinholen, die mir durch einen bisher nicht rosigen Tag fehlte.
So ging es dann bis zur wirklichen allerletzten Ausfahrt der A57, bevor man die niederländische Grenze passieren würde. »Kleve« stand zwar auf dem Schild, aber Kleve war doch noch weit weg, durfte man noch 20 Minuten Bundesstraße fahren. Dem Radhaus immer näher kommend, fragte ich mich, wie das nun mit dem Parken aussähe. Zum Radhaus führte eine lange, leere und breite Straße als Sackgasse, aber mit totalem Parkverbot. Am Ende der Straße war dann ein namenloses Parkhaus ohne blaues P, über das man im Internet auch nichts fand. Es schien einfach zu existieren. Die Schranken waren einfach oben. Na, hoffentlich wären sie das auch noch nach dem Konzert…
Die Schlange bewegte sich bereits, rein in das kleine Radhaus. Von außen wirkte es wirklich klein. Würden VNV Nation hier tatsächlich spielen? Neben mir hörte ich auch jemanden sagen, er würde es nicht glauben, hätte es Ronan nicht selbst angekündigt. Die Personen am Einlass wirkten froh um mein Ticket, so schien der Einlass durch selbst ausgedruckte Tickets nur langsam voran zu gehen, da diese mit ausgedruckten Listen abgeglichen werden mussten. Es gab noch ein Papierbändchen »Abifete 2014 – unter 18«. Es folgte noch der ausgesprochene Hinweis, nicht mit Blitzlicht zu fotografieren, was ich aber ohnehin niemals täte. Nun stand ich im eigentlichen Konzertraum zwar eher hinten, aber eigentlich doch recht weit noch vorne, denn: Der Raum war klein! Es gab sogar eine Treppe und eine kleine Empore rechts, wo die paar Leute dort oben aber eher auf Scheinwerfer blickten. Ziemlich schnell wurde es dann recht kuschelig.
VNV Nation traten auf die Bühne
Um 20:10 Uhr traten VNV Nation dann unter Applaus auf die Bühne und es ertönte das lange Intro von Arclight. Die Band war so nah! Und Sänger Ronan Harris stand dort still am Mikrofon, eingetaucht im blauen Licht und wartete auf die richtigen Strophen des Fast-Instrumentals. Wohin würde dieser Abend nur führen? Es folgte Kingdom und ich hätte nicht gedacht, diesen Titel einmal live hören zu können.
In einer Ansprache sagte Ronan, die Größe dieses Konzerts entspreche jener Größe der Konzerte, die auch die Touren der Alben Empires und Future Perfect gehabt hätten. Nun folgte aber Space & Time, ein doch neuerer Titel, der aber die ersten Reihen sofort zum Springen brachte, trotz der Enge. Nun meine ich mit den ersten Reihen etwa Reihe 1-5. Ich stand etwa in Reihe 10 und hinter mir war schon fast Schluss. So viel zu Größe der Location.
Es folgte Darkangel und wieder konnte ich diesen fragenden Blick von Ronan wahrnehmen, ob denn niemand den Text kenne. Fragments schien auch ewig nicht mehr live gespielt worden zu sein.
Eine kurze Ansprache folge: »It’s not exactly Empires but some kind it…« Further? Ja, tatsächlich Further, das elektronische Original vom Album Burning Empires! Im Anschluss Standing – irgendwie konnte man die Emotionen im Raum schon »spüren«… Der Titel endete mit einem noch lauteren Jubel als je zuvor und Ronan wirkte überwältigt. Mittlerweile war es auch den Leuten in den hinteren Reihen (und mir) recht egal, wenn man durch Bewegung ständig aneinander stieß. Etwas, was ich normalerweise auf »anderen« Konzerten gar nicht mag.
Sometimes I wish you could hear me now…
Während das Publikum auch so immer wieder hörbar war, ließ Ronan nun auch immer häufiger das Publikum Verse singen. So auch mal ein ganzer Vers bei Streamline. Dabei konnte man auch wirklich jeden im Raum hören, nicht nur diese lokal begrenzten Bereiche, wie man sie von großen Locations kennt! Legion brachte nun auch live die Tiefe rüber, die ich beim Konzert in Köln vermisste, tat der Stimmung aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. So beendete Ronan den Titel auch mit einem »Fuck yeah!« und es folgte langer Applaus.
Zu Gratitude war sogar jemand im Begriff, sein T-Shirt ausziehen zu wollen, aber Ronan winkte lächelnd ab. Einmal veränderte er den Vers »[…]that you could see me now« auch zu »Sometimes I wish that you could hear me now« und sang dabei jemanden an, der sich offenbar nicht genug bewegte. Den Titel klatschte das Publikum dann einfach zu Ende und Ronan schrie auch, dies sei »the most fun gig in years!« Eine Aussage, die er sicher nicht nur einfach so traf.
Es folgte eine doch sehr persönliche Ansage über das Album Empires: Wie das Album entstand, warum er es so mag und warum kein zweites Empires entstehen könnte. Auch ich mag dieses Album sehr und denke mir, dass man sich doch freuen kann, dass Titel aus Empires immer wieder Plätze in den Setlists finden. Nur das Konzert, an diesem Abend, war in dieser Hinsicht anders, ist es doch gerade eines der beiden bzw. drei Alben, von denen heute gerade einmal Titel gespielt werden. Es folgten das ruhigere Distant (Rubicon II) und Rubicon selbst – Titel, die wohl auch schon ziemlich lange in keiner Setlist mehr waren.
Und dann folgte Saviour (Vox). Wieder ein Titel von Burning Empires, da das Original lediglich ein instrumentaler Titel ist. Und nach dem Titel dachte ich mir nur: »Geil.« Irgendwie rutschte dieser Titel mit Vocals mir immer durch, aber nach dem Konzert würde ich diesen Titel erst einmal in einer Endlosschleife hören…
Ich will KONTROLLE!
Resolution wirkte dabei anfangs vergleichsweise ruhig, aber das blieb natürlich nicht so. Lautstark konnte man vom Publikum die Teil-Verse »CAN’T BE BROKEN« und »HEAD UP HIGH« hören. Zusätzlich rief Ronan auf, die Hände zu heben und in dem kleinen Raum hatten dann auch so gut wie alle Leute die Hände oben – die Bühne war nicht mehr sichtbar. Es folgte Control und der Titel ließ es auch nochmals richtig krachen. Ob nun der Vers »I want control« Englisch war oder auch einmal in Deutsch – das Publikum schrie wie synchronisiert mit. Und dann verschwanden VNV Nation.
Nach VNV-Rufen und Perpetual-Refrain stand Schlagzeuger Mark Jackson plötzlich am Mikrofon. Würde er jetzt singen? Passierte zwar auch schon, aber er fragte nur: »Do you want some more?«, was gewiss bejaht wurde. VNV Nation machten dann mit Nova weiter, dieses Mal allerdings ohne LEDs und auch ohne Feuerzeuge. Der instrumentale Titel Photon folgte, bei dem auch nur noch Schlagzeuger Mark Jackson und Ronan Harris selbst auf der Bühne standen, Ronan dabei am Keyboard. Der Titel wurde dabei das erste Mal live gespielt.
Eine kleine Ansprache folge, Ronans Lieblingssong von Automatic, »I sing it at home, I sing it all the time«: Radio. Und als der Titel ausklang, sagte Ronan noch: »This gig is fucking awesome! Do you feel it? Do you feel it?«
Ronan rief dann hartnäckig die Raucher am offenen Seitengang herein, sie sollen doch noch einmal mitfeiern und vor allem generell mit dem gesundheitsschädlichen Rauchen aufhören. Und Ronan war so hartnäckig, dass er wartete, bis sich die Raucher tatsächlich rein bewegten. Vom Publikum erfolgte nochmals der Refrain von Perpetual, aber Ronan entgegnete darauf nur: »No, it’s not fucking Perpetual! Wrong album!« Und es folgte als letzter Titel Standing (Motion). Es wirkte für mich wie ein Traum: Den Lieblingstitel der Gruppe als Zugabe nochmals hören, live und in einer Stimmung, die ich live in der Form nie erlebt habe, aber immer auf den alten Bootlegs wahrnahm…
So endete das Konzert nach etwas über 2 Stunden. Draußen gab es dann noch einen Imbissstand, wo ich mich noch mit wem unterhielt, der auch völlig begeistert war. Ronan sagte zwar, VNV Nation würden nochmal rauskommen, aber nach meiner Bratwurst im Brötchen fuhr ich dann doch mal nach Hause, da die Fahrtzeit doch noch über eine Stunde betrug und eventuell Vereisung drohte. Die A57 war ziemlich unheimlich, so war lange immer wieder kein einziges Licht zu sehen. Und das Auto-Radio, das weiter die bösen und alten Bootlegs von VNV Nation abspielte, gelang auch irgendwann zu Saviour (Vox). Und hier begann dann meine Mission, den Titel immer wieder zurückzuspulen…
Fazit
Ich habe nun schon ein paar Auftritte von VNV Nation gesehen und im Gegensatz zu Auftritten anderer Bands, waren und sind die Auftritte von VNV Nations doch immer ziemliche, emotionale Highlights. Dieses Konzert aber nun, toppte alle anderen und zählt nun zu den wenigen besten Konzerten, die ich bisher erlebt habe. Ich kann nur bedauern, dass die Personen, mit denen ich zu tun habe und ebenso VNV Nation genauso mögen, diesem Konzert nicht beiwohnen konnten. Es war wie eine Zeitreise zu diesen Bootlegs und auch Ronan sagte im Laufe des Konzerts, man solle doch die Smartphones wegpacken und sich wie 1999 fühlen.
Auch VNV Nation hatten sichtlich ihren Spaß an diesem Abend. Ob es so ein Clubkonzert nochmal geben wird? Vermutlich. Nachdem sich aber das Ereignis im Radhaus rumsprechen wird, werden die Tickets für so ein Clubkonzert wohl nur noch begehrter. Dabei wirkte es bei diesem Konzert so, als ob man nur die ersten Reihen eines großen Konzerts zusammengepackt hätte. Die Band war so nah und es kam sogar zu solchen Ereignissen, die man von »groß gewordenen Bands« gar nicht kennt, wie: Jemanden aus der ersten Reihe einen Vers singen lassen oder Leute immer wieder direkt ansingen, bis etwas passiere.
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