Auch am zweiten Tag, nach dem ersten, besuchte ich das Blackfield Festival am Samstag. Mit geringer Erwartung für den Tag startete ich erst spät in diesen hinein…

Eigentlich hatte ich mir den Wecker für den Tag so eingestellt, dass ich nur die ersten Acts verpassen könnte, sollte ich nicht früher aufstehen. Tatsächlich stand ich aber an diesem Tag erst so spät auf (und wurde auch noch aufgehalten), dass ich die Hälfte der Acts an diesem Tag verpasste. Einerseits fand ich dies nicht so schlimm, da ich die ersten Bands an diesem Tag nicht kannte. Aber andererseits hat man so vielleicht eine Band ausgelassen, die vielleicht ganz interessant geklungen hätte.

Auch meine Mutter sprach mich darauf an, warum ich erst so spät losgefahren wäre. Neben ein wenig Smalltalk sagte sie mir dann sogar noch, dass solch eine Gothic-Hose ja ganz cool aussähe – ach, ne! Kurz war ich in meinem Dorf noch bei der Bank gewesen, wo gleich ein Supermarkt daneben ist. So bot ich dem Dorfvolk mit meiner Kleidung noch etwas zum Starren. Der Verkehr war angenehmer als am Freitag und als ich im Parkhaus ankam, wechselte ich nicht auf die Stiefel mit Stahlkappen, sondern behielt meine Wanderschuhe an. In erster Linie wollte ich meinen Füßen und deren Blasen ein wenig Genesung schenken. Mit meinen Wanderschuhen legte ich den Weg zwischen dem Parkhaus zum Amphitheater, durch den Nordsternpark, dann natürlich auch in Windeseile zurück…

Kaum kam ich im verschobenen Basislager an und gebrauchte Sonnenschutz, verschwand @der_Karl schon nach unten, vor die Bühne, für den aufkommenden Auftritt von Diorama. Darkwave, aber doch nicht ganz Darkwave, sondern auch andere Genres. Gehört hatte ich bisher keinen Titel von der Band, aber ich fand, dass ihre Musik auch ganz interessant klang. Ich war gefühlt allerdings noch nicht ganz angekommen, daher verfolgte ich das Treiben auf der Bühne nur aus der reinen Beobachterperspektive. Jedenfalls schafften sie es aber, den unteren Bereich des Amphitheaters gut zu füllen.

The Beauty of Gemina

The Beauty of Gemina

Der Auftritt der nächsten Band gehörte dann mit zum Grund, warum ich auf das Blackfield Festival wollte: The Beauty of Gemina. Und so schritt ich vor den Bühnenbereich und leistete @der_Karl Gesellschaft. The Beauty of Gemina hatte ich auf dem Amphi Festival 2013 als erste Band des zweiten Tags live gesehen und @der_Karl, sowie ich, waren positiv über den Auftritt überrascht gewesen, da wir beide die Band zuvor noch nicht gehört hatten. Zwar hatte ich auch erst kurze Zeit, vor ihrem Auftritt auf dem Blackfield Festival, angefangen, in ihre Alben reinzuhören, aber auch da blieb ich weiterhin angetan von ihrer Musik. Dabei kann man The Beauty of Gemina nicht wirklich einer Musikgenre zuordnen. Am ehesten würde wohl Synth Rock zutreffen, aber genauso muss man dann einige weitere Genres hinzu addieren.

Michael Sele, der Frontmann der Band, gibt der Band dazu nochmal einen ganz individuellen Hauch. Abgesehen davon, dass er Liechtensteiner ist – ich kenne keinen anderen Künstler der schwarzen Szene mit dieser Nationalität –, passt er einfach auch zu dieser Band. Mit seinem Auftreten inklusive seiner roten Halbresonanzgitarre fiel mir der Begriff Dunkelromantiker für ihn ein. Michael Sele sprach aber auch mal kurz Deutsch: Schweizerdeutsch. Danach schien er wieder Englisch zu bevorzugen…

Michael Sele – The Beauty of Gemina

Michael Sele – The Beauty of Gemina

Zu meinem Bedauern spielten The Beauty of Gemina primär Titel aus ihren neueren Alben, während ich gleich von einigen Titeln der ersten beiden Alben Ohrwürmer bekommen hatte. Ich konnte daher auch nicht so raushören, welche Titel The Beauty of Gemina spielten. Dem Publikum schien die Band in erster Linie auch eher unbekannt: So standen zumindest beim Beginn des Auftritts nur wenige Leute vor der Bühne, was @der_Karl und mich, sowie einige andere, aber nicht daran hinderte, die Band zu unterstützen. Es hatte so den Anschein, als hätte der Titel The Lonesome Death of a Goth DJ – etwa in der Mitte der Setlist – bei den meisten Zuschauern dann das Eis gebrochen. Der Auftritt von The Beauty of Gemina war dann natürlich viel zu kurz und so endete dieser bereits mit Mariannah, ein Titel aus dem neusten Album. Die Devise hieß dann wohl: The Beauty of Gemina mal bei einem dedizierten Konzert zu besuchen, wenn sie dann mal eines in der Nähe geben werden…

Ich blieb gleich unten, denn als nächster Auftritt folgte Diary of Dreams, die Suicide Commando ersetzten. Zwar hatte ich Diary of Dreams zuvor nie gehört oder live gesehen, aber ich wusste, was sie so in etwa spielen könnten und notfalls hätte ich mich ja immer noch wieder hinsetzen können. Tatsächlich blieb ich unten und tanzte mit und mir gefiel der Auftritt. Was mir nicht so gefiel, war dann jemand Betrunkenes mit einem T-Shirt »Punk’s not dead«, der sich vor dem Auftritt vor uns reinquetschte und bei seinem Tanzen quasi jeden umarmte. Und da das immer schlimmer wurde und mir schon »Trockenficken« in den Kopf schoss, da ich genau hinter dem stand, verließ ich den Bereich vor der Bühne.

Diary of Dreams

Diary of Dreams

Ich verfolgte den Auftritt von Diary of Dreams zwar weiter, aber genehmigte mir zuerst ein Stück Pizza und einen exquisit teuren Traubenspieß mit Schokolade. Danach verschlug es mich zum Merchandise-Stand, wo ich fix das Festival-T-Shirt, sowie ein generisches T-Shirt von The Beauty of Gemina, erstand. Diary of Dreams beobachtete ich dann eine Weile vom obersten Rang aus, um einen übergeordneten Eindruck von ihren Auftritt in dieser Location zu bekommen. Und tatsächlich bewegten sie viel im anwesenden Publikum! Wieder im Basislager, verfolgte ich dann den Auftritt applaudierend, bis die Band die Bühne verließ. Der Frontmann von Diary of Dreams verleite der Band dazu etwas ganz Eigenes…

Adrian Hates – Diary of Dreams

Adrian Hates – Diary of Dreams

Wieder zusammengefunden, nach dem Auftritt von Diary of Dreams, begaben @der_Karl, @Kopfkind_ und ich uns wieder zum Parkhaus. Die beiden wollten ihren Flüssigkeitsvorrat auffüllen und meine Wenigkeit wollte die Tüte mit den gekauften T-Shirts loswerden und selber etwas Wasser trinken, das ich im Auto hatte. Eigentlich erlaubte das Blackfield, Tetrapacks mit bis zu 1,5 Liter mitzunehmen, aber ich wollte so etwas nicht mitschleppen, da meine Tasche dafür auch viel zu klein war. Und ich glaubte auch nicht daran, dass der Supermarkt, bei dem ich am Morgen ohnehin in unmittelbarer Nähe war, stilles Wasser in Tetrapacks angeboten hätte. Wie können andere Leute nur über einen Liter Multivitaminsaft(-nektar), oder anderes süßes Zeug, in sich hineinkippen? Im Parkhaus grölten mir Fußballfans dann »Metal, Metal, Metal« hinterher, was – neben dem Falschen – ich nicht weiter beachtete.

Schon auf dem Weg, zurück zum Festivalgelände, konnte man deutlich Front Line Assembly auf der Bühne wahrnehmen. Jeweils am Flammkuchen-Stand gönnte sich @der_Karl einer diesen in Vegi-Ausführung und @Kopfkind_ ein Rahmbrot – ein frisch gebackenes Brot Käse- und Schinkenfüllung inklusive einen Schlag Rahm. Es roch sehr lecker, aber ich war leider schon gesättigt. Aber es gab ja noch einen Tag…

Zurück im Basislager quetschte ich mir unmittelbar meinen Ohrschutz ins Ohr, da Front Line Assembly wirklich laut waren. Sie brachten das Publikum ziemlich zum Bewegen. So viel bekam ich aber von ihrem Auftritt demnach nicht mit und so war ihr Auftritt schon vorbei, sodass ich auch kein etwaiges wirkliches Urteil bilden konnte, wie mir ihre Musik gefallen könnte.

VNV Nation

VNV Nation

Zum heutigen Headliner – VNV Nation – gingen wir alle drei schließlich nach unten. Und ich zog meine Armstulpen wieder an, da es frisch wurde. Ich hatte bisher nur wenige Lieder von VNV Nation mal gehört, nachdem ich sie bereits auf dem Amphi Festival teils live gesehen hatte. Von diesem Auftritt hatte ich mir allerdings kein wirkliches Urteil bilden können, da ich aufgrund von genervter Stimmung – Leute traten einen auf die Füße oder schubsten einen fast um – und Probleme mit Bahn-Anschlüssen, lange vor dem Ende ihres Auftritt den Tanzbrunnen verlassen hatte. Ich wusste also gar nicht so, was mich erwarten würde, außer vielleicht auch »elektronische Balladen« darunter…

Ich kann gar nicht mehr so genau sagen, was VNV Nation da machten: Ich weiß nur, dass ich – sowie das ganze Publikum um mich rum – gute Stimmung hatte. Tanzen, tanzen, tanzen, und das immer intensiver! Ich hatte mich – zumindest nüchtern (wo Alkohol ein seltener Zustand ist) – noch nie so stark tanzen erlebt. Das war kein Vergleich zu dem Auftritt, den ich während des Amphi Festivals mitbekam! Man selber stand in den ersten Reihen und drehte sich um, und sah einfach so gut wie alles um sich rum – schwarzes Volk unten, sowie schwarzes Volk auf den Rängen – tanzen. So, wie ich gelesen hatte, könnten die Ränge 6400 Menschen aufnehmen und die Ränge waren nicht weiß und leer, sondern schwarz vom schwarzen Volk.

Ronan Harris – VNV Nation

Ronan Harris – VNV Nation

Komisch war allerdings der Vergleich zwischen der Textsicherheit vom Publikum und von mir: Ich konnte gerade mal bei einem einzigen Titel – Illusion – ein paar Verse mitsingen… Und selbst das Publikum überbot teilweise auch Sänger Ronan Harris, wo dieser beispielsweise mal einen Patzer machte. Das Publikum sang weiter und er sagte nur: »I have no idea what I’m singing.« Ich meine, dass ich neben Illusion nur eine weitere Ballade mitbekam. Schöne, ruhige Titel neben den ganzen weiteren stimmungserzeugenden Titeln…

Irgendwann verhieß ein Blick auf die Uhr aber nichts Gutes und ich verabschiedete mich schnell, wo ich aber am liebsten bei all dieser guten Stimmung noch geblieben wäre. Ich wusste aber, dass mich menschlicher Stau ziemlich nerven würde, genauso wie exemplarisches Warten vor einem Parkhausautomaten, daher war dies doch ein guter Kompromiss. So machte ich mich durch den düsteren Nordsternpark auf dem Weg zum Parkhaus und konnte noch hören, wie der Auftritt von VNV Nation immer mehr ausklang durch die Distanz – auch ein gutes Ende.

Auf dem Weg, wo das Blackfield Festival längst nicht mehr hörbar war, vernahm ich noch viel Huperei und jubelnde Fußballfans. Hatte Deutschland etwa ein Tor geschossen oder gewonnen? Ach, mir war das vollkommen egal, denn ich hatte etwas viel Geileres erlebt! Und so erfolgte die Heimfahrt und der Gedanke, sich dringend mal in die Alben von VNV Nation reinhören zu müssen…